Über der Manege

Mir ist nach Gedichten
Die der Schwerkraft
Den Vogel zeigen
Auf Drahtseilen federn
Und lässig
Das Gleichgewicht halten
Zwinkernd dürfen sie
Die Luft durchfliegen
Doch die Spannung
Nicht verlieren
Heitere Akrobaten
Zwischen den Welten
Geboren für den freien Raum
Über der Manege



So jetzt jedenfalls

Dieses Gedicht
Könntest du zwei Mal schreiben
Zwei Mal, drei Mal, vier Mal
Weiß Gott wie oft
Worte sind geduldig
Kannst sie ständig umschmeißen
Und wieder neu aufstellen
Wie kleine Plastiksoldaten
Mein Bruder spielte mit ihnen
Bestimmt bis er 14 war
Wischte die Angreifer einfach um
Defensive Offensive alles drin
Und dann alles wieder von vorne
Könnte also ganz anders ausgehen
Dieses Gedicht
Tut es aber nicht
Alle Worte in Position
So jetzt jedenfalls




Ich habe für euch kein Gedicht

Ich habe für euch kein Gedicht
Über die Rose
Kein Gedicht
Über die Liebe oder die Schönheit
Kein Gedicht über die Vergänglichkeit
Keins über die Sehnsucht
Keins über die Verschwiegenheit
Keines über die Vollkommenheit
Ich habe für euch kein Gedicht
Über ihre Blüten
Wie sie selbst in großer Dunkelheit
Noch leuchten
Kein Gedicht
Über ihre verschiedenen Farben Formen
Und jeweilige Gestalt
Kein Gedicht
Über ihre Dornen
Die die Haut aufschlitzen
Keine Worte
Über das Unkraut das
Unter der Rose gedeiht
Kein Gedicht
Wie die Knospen sich öffnen
Über die Zartheit der Blütenblätter
Über die Weise
Wie sie sich auseinanderschälen
Keins über den Duft
Den sie dann verströmen
Kein Gedicht über ihre Wildheit
Keines über ihre Kultiviertheit
Ich habe für euch kein Gedicht
Über die Rose
Kein Gedicht über die Liebe
Oder die Schönheit
Kein Gedicht über die Vergänglichkeit
Keins über die Sehnsucht
Keins über die Verschwiegenheit
Keines über die Vollkommenheit
Ich habe für euch kein Gedicht
Über die Rose
Doch bitte verzeiht
Das war gelogen



Schweben

Vielleicht ein Blatt
Leicht fallend
Tief
Matt
Vielleicht leicht leben
Schweben



Vollkommen genügen

Kein schöner Land
Als dieses blaue
Es lauscht
Wie ein Kind
Dem farblosen Wind
Mit offenen Augen
Sieht es sich zu
Im Wechsel
Von Licht und Schatten
Geht ein Lächeln
Hin und wieder über
See, Wald und Fels
Heißt es
Dass sie einander
Vollkommen genügen



Sie werden nicht fallen

Die frischen Buchenblätter
Fallen wie dichte Schneeflocken
Vom Himmel
Weiß ich
Dass er leicht
Die Zeit anhalten kann
Reglos
Schweben die Blätter in der Luft
Ein himmlisches Kinderspiel
Sie werden aus dem Ewigen
Nicht fallen
Sei ohne Sorge
Sie werden nicht fallen

Nahe kommen

Nahe kommen
Große Boote
Sie liegen tief
Sind schwer beladen
Teilen das Wasser
Sie schieben sich voran
Der graue Strom
Gibt nach
Dehnt sich und streift
In ruhigen Wellengängen
Über die Ufer
Gelassen wie eh und je
Die Kähne steuern vorbei
Schon schließt der Fluss
Sich wieder hinter ihnen
Die Schiffe verschwinden
Noch vor der nächsten Biegung
Des Stroms
Als wären sie nie da gewesen